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Kapitel 6- Frohes Neues Jahr mit Riwal und den Zitrusfrüchten

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Es ist wieder einmal sehr kalt in seiner Hütte. Sogar ungewöhnlich kalt. Unter seiner Bettdecke fragt sich Riwal, ob der Ofen heute Nacht ausgegangen ist. 

Er schielt zur anderen Seite des Zimmers und sieht das Feuer im Ofen flackern... « Komisch?! »

Noch dazu hat er schlecht geschlafen. Die ganze Nacht über hat ein Sturm um seine Hütte gewütet und im Traum hat er eine alte hässliche Frau mit einem weißen Mantel und einem großen Stab gesehen. 

Sie hatte nur ein Auge, rot blutende Zähne und sah wirklich furchterregend aus.

Diesmal hatte er sich zurückgehalten und nicht mit ihr geredet.

Nachdem er jetzt wusste, dass seine Träume echte Götter beherbergen könnten, wollte er das Risiko nicht eingehen. 

Deswegen war er jetzt froh, wieder wach zu sein und dass es glimpflich ausgegangen war.

Er erinnert sich dunkel an den Namen der Göttin: Cailleach, Göttin des Winters.

« Sie hat wohl den richtigen Zeitpunkt gewählt! Wir sind kurz vor der Wintersonnenwende Yule und man sagt, der Boden würde vereisen, da wo Cailleach entlangläuft. »

War es deswegen so kalt heute Morgen?

Zögernd schlüpft Riwal aus seinem Bett und verzieht das Gesicht, als seine warmen Füße in die kalten Pantoffeln gleiten.

« Schnell, wo ist mein Wollumhang? »

Sobald er durch das erste Fenster sieht, bleibt er mit offenem Mund wie angewurzelt stehen. Draußen ist alles weiß!

Der Sturm ist abgeflaut und es ist windstill. Es hat geschneit und der Schnee dämpft alle Geräusche des Waldes.

Auf seiner Terrasse liegt 10cm Schnee und auf der Wiese, die zu Junas Hütte führt, sieht man kleine Spuren im Schnee.

Das Eichhörnchen ist immer schon früh morgens unterwegs.

« So, jetzt muss ich mir erstmal einen warmen Tee machen! »

Das Feuer hat er schon geschürt und es muss wirklich kalt draußen sein, sonst wäre es mit vollem Ofen in seiner Hütte wärmer.

Irgendwie hat er aber keine Lust auf einen Kräutertee, sondern erinnert sich an die heiße Zitrone, die seine Oma ihm in den Wintermonaten immer machte.

Anderntags hatte Juna verschiedene Zitrusfrüchte mitgebracht und gesagt, darüber würden sie noch sprechen.

« Na, wenn da eine oder zwei von fehlen, wird das ja wohl nicht schlimm sein. » denkt sich Riwal.

Er setzt den Wasserkessel auf und wartet, bis er pfeift.

Dann schneidet er eine Zitrone und eine Limette auf, presst den Saft in seine Tasse und gießt es mit warmem Wasser auf.

Inzwischen hat er sich auch etwas Warmes angezogen und traut sich mit seiner dampfenden Tasse, Wollumhang, Stiefeln und Mütze auf seine Terrasse.

Wie schön das doch aussieht: Der Schnee glitzert in der Morgensonne und der blaue Himmel hebt sich von der weißen Landschaft ab.

Sein Bächlein gluckert leise in der Ferne.

Er rührt gedankenverloren mit dem Löffel in der Tasse. Wie seine Oma hat er einen Teelöffel Honig mit in die heiße Zitrone gegeben.

Jetzt sieht er, dass ein paar Kerne mit dem Saft in der Tasse gelandet sind.

Mit seinem Löffel fischt er sie aus der Tasse und schnippt sie spielerisch über das Geländer der Terrasse.

« Wie weit ich wohl komme? » fragt er sich grinsend.

Mit einem lauten Knall landen die Kerne im Schnee und Riwal's Grinsen erstarrt.

Vor ihm sind in Sekundenschnelle ein Zitronen- und ein Limettenbaum gewachsen. Beide sind drei Meter hoch und rascheln seltsam mit ihren Blättern.

Riwal schaut sich um, die anderen Bäume im Wald sind ganz still, es geht kein Windhauch.

Jetzt sieht er erst die Gesichter der beiden und wird blass.

Eine Stimme ertönt hinter ihm: « Hast Du die Zitruskerne in den Wald geworfen? »

Erleichtert sieht er, dass Juna jetzt auch da ist, sie wird bestimmt wissen, was das Ganze bedeutet.

« Ja, » antwortet Riwal beklommen « wieso hätte ich das nicht tun sollen? »

Juna rollt mit den Augen, wie immer, wenn ihr bewusst wird, was Riwal alles noch zu lernen hat.

« Wenn ein Druide Samen der Natur zurückgibt, dann ist es immer mit der Absicht daraus eine neue Pflanze oder in diesem Fall einen neuen Baum zu pflanzen. 

« Du hat gerade diesen Zitronen- und Limettenbaum zu Leben gebracht. »

Riwal schreit: « Oh wie cool, kann ich das auch mit den anderen versuchen? »

Bevor Juna Einspruch erheben kann, ist Riwal in die Küche gespurtet und hat aus einer Orange, einer Pampelmuse und einer Kumquat jeweils einen Kern entnommen.

Wieder auf der Terrasse wirft er sie in dieselbe Richtung wie die anderen.

Mit einem Knall wachsen auch diesmal drei Zitrusbäume, zwei davon etwas größer als die Vorherigen.

« Bist du jetzt zufrieden?! » ärgerlich grummelt Juna in ihrem nicht vorhandenen Bart.

Auch die drei neuen Bäume haben Gesichter und Riwal versteht jetzt, warum sie rascheln: sie zittern!

« Wieso zittert Ihr? » fragt er betroffen.

Auch die Zitrone scheint ärgerlich, als sie antwortet: « Weil wir nicht in eine Schneelandschaft gehören! Sind Dir hier im Wald schon andere Zitrusfrüchte über den Weg gelaufen?!"

Riwal wird sich bewusst, dass er hier noch nie solche Bäume gesehen hat.

« Äh..., Juna, was machen wir jetzt? » fragt er.

« Tja Riwal, lass Dir etwas einfallen! Zitrusfrüchte kommen aus dem Mittelmeerraum, nicht aus der Bretagne. 

Sie mögen keinen Frost, haben es gerne sonnig und windstill. Hier im Wald werden sie es nicht lange aushalten. »

Endlich hat Riwal eine Idee: « Und wenn ich Euch ein Gewächshaus baue? »

Früher hatte er gerne Geschichten über Könige gelesen, die immer eine Orangerie hatten. Und was anderes könnte darin sein, als Zitrusfrüchte?!

Das Eichhörnchen denkt kurz nach: « Ja, das könnte funktionieren... »

Ein Glück hatte Riwal alle Kerne mehr oder weniger in dieselbe Richtung geworfen. Er erinnert sich, dass von seiner Renovierung noch die alten Fenster übriggeblieben sind.

« Na dann mal ans Werk! » fordert Juna ihn auf. « Wenn wir bis heute Abend fertig werden wollen, dann müssen wir uns ins Zeug legen. »

So lernt Riwal auch Handwerken. Während sie sich mit Brettern, den alten Fenstern und Ziegelsteinen an die Arbeit machen, fragt Riwal die Zitrusbäume, ob sie etwas von sich erzählen können.

So erfährt er, dass die Zitrone «Sina» heißt und sie die älteste Tochter der Familie ist.

Ihre Eltern sind «Giulia», die Orange und «Francesco», die Pampelmuse. Ihr kleiner Bruder ist «Fabio» die Limette und «Isabella» die Kumquat ist ihre kleine Schwester.

Je mehr das Gewächshaus Form annimmt, desto wärmer haben es die Zitrusbäume. Damit sie nicht so frieren, hatte Riwal ihnen Schals und Mützen aus der Hütte geholt. 

Ein Baum mit Mütze sieht schon irgendwie komisch aus. Aber wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.

Auch ein zweiter angenehmer Effekt zeigt sich nach und nach: in dem Gewächshaus duftet es herrlich nach weißen Zitrusblüten. Eine besser als die Andere.

Je wärmer es wird, fangen sie auch wieder an Früchte zu geben. Von allen Seiten sprießen Zitronen, Orangen, Limetten usw. Riwal ist begeistert.

Sina die Zitrone erklärt ihm, warum seine Oma ihm im Winter immer eine heiße Zitrone morgens gemacht hat: 

« Zitronen sind voller Vitamin C, das die Abwehrkraft stärkt. Außerdem unterstützt es die Leber, die in den Wintermonaten mit dem fetten Essen viel zu tun hat. 

Aus der Schale der verschiedenen Zitrusfrüchte kann man Essenzen pressen, die in den dunklen Tagen die Stimmung erhellen. 

Sei es Zitrone, Orange oder andere, alle haben einen beruhigenden Duft, der an die sorglose Kindheit erinnert.

Aus den Blättern der Zitrusfrüchte kann man essentielle Öle herstellen, die auch bei schweren Gemütsverstimmungen helfen.

Zitrusfrüchte sind derart mit der Sonne verbunden, dass sie sie magisch anziehen.

Von daher ist es besser, deren Essenzen nur abends zu verwenden. Tagsüber kann es unsere Haut verbrennen, die an so viel Sonne nicht gewöhnt ist. »

Riwal hört aufmerksam zu und versucht sich alles gut zu merken.

« Morgen früh werde ich mit meiner heißen Zitrone nochmal alles wiederholen » sagt er sich.

Kurz vor dem Dunkelwerden ist das letzte Fenster eingesetzt und ein stattliches Gewächshaus steht jetzt neben Riwals Hütte.

« Heute Abend ist Yule » sagt das Eichhörnchen und holt viele Kerzen aus der Tasche.

Damit dekorieren sie alle Fenster des Gewächshauses.

Jetzt fängt es auch wieder an zu schneien, aber die Zitrusbäume haben es warm und haben ihre Mützen abgelegt.

Festliche Stimmung erfüllt das Gewächshaus. Gefühlt brennen tausend Lichter in den Fenstern.

Juna hat sogar eine Flasche Honigsekt hervorgezaubert und alle stoßen fröhlich an.

« Frohes Lichterfest!  »sagt das Eichhörnchen.

« Möge die dunkelste Nacht des Jahres dem Licht des Frühlings weichen! »

Und Riwal denkt sich, er hätte sich kein schöneres Fest als dieses mit seinen neuen Freunden den Zitrusfrüchten wünschen können.


---- Allen meinen Lesern wünsche ich ein Frohes Neues Jahr 2025! Daniela ----



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Daniela Kretschmer - Heilpraktikerin- Nähe Lyon/ Frankreich - genaue Adresse: 159 route de la vallée- 69380 Chessy les Mines- Kontakt: daniela.herbaliste@gmail.com

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