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Kapitel 3: Die Achillesferse des Eichhörnchens

Aktualisiert: 25. Okt. 2024



© Illustration Emilien Dumoulin Chaparu

Wohlig dreht sich Riwal im Bett um. Unter seiner flauschigen Decke ist ihm schön warm und seit er die Fenster repariert hat zieht es nicht mehr so windig durch die Hütte.

Er füllt den Holzofen regelmässig und ist es schön warm, selbst morgens noch.

Seit er eingezogen ist, hat sich hier einiges verändert.

Jeden Tag ist das Eichhörnchen Juna zu ihm gekommen und hat ihm geholfen, seine Hütte auf Vordermann zu bringen.

Mit Holzwolle haben sie alle Löcher gestopft, die Fenster wieder in die Angeln gehoben.

Aber das Gröbste war das Aufräumen.

Überall standen Kisten, stapelten sich Bücher und standen alle möglichen Flaschen, Salbendosen und Tontöpfe herum.

Von der Decke hingen überall getrocknete Pflanzen, die zum Teil so staubig waren, dass sie direkt im Kompost gelandet sind.

« Was wir wohl heute machen? » fragt er sich

Langsam wird er sich bewusst, dass er sich ungewöhnlich erholt fühlt und nur aus Genuss die Augen nicht öffnet.

Selbst durch die geschlossenen Augenlider ist es ungewöhnlich hell in seiner Hütte

Jetzt öffnet er doch die Augen

Auf einmal fällt es ihm wie Schuppen von den Augen : Sonst weckt ihn immer das Eichhörnchen,

Dass Juna es heute nicht getan hat, ist ungewöhnlich.

« Oh nein, ich hoffe das ist nicht wieder eine neue Art Unterricht... »

Schnell schlüpft er in seine Kleider und schaut auf die Uhr

« 10 Uhr ?! So spät ist es schon ? »

Jetzt ist er wirklich um das Eichhörnchen besorgt. Er nimmt seinen Mantel von der Tür, rennt die inzwischen ungefährliche Treppe runter.

Es ist ein schöner aber kalter Novembermorgen. Wenn er sich richtig an Juna's Erklärungen erinnert, ist es bald Neumond. Das heisst das Wetter wird sich bald danach ändern.

Er hält kurz inne (so hat es ihm das Eichhörnchen beigebracht) um wie jeden Morgen den Göttern für sein Leben und einen neuen Tag zu danken.

Dann stürmt er wieder los auf die andere Seite der Lichtung, wo das Baumhaus des Eichhörnchen steht.

« Juna, Juna ! Wo bist Du ? Ist alles in Ordnung ? Haaalllooo ! »

Keine Antwort

Riwal wird immer unruhiger

Wo ist sie denn Juna, sie ist immer so lebendig, dass er es sich schlecht vorstellen kann, sie würde einfach nur ausschlafen.

Als er näherkommt, sieht er Rauch aus dem Schornstein kommen

« Dann ist sie doch zu Hause ! Was ist nur los ? »

Das Baumhaus ist für Eichhörnchen gemacht, nicht für Azubi-Druiden.

Mit etwas Mühe klettert er die schmale Leiter hoch.

Oben angekommen kann er nur durch die Fenster schauen. Die Eingangstür ist gerade so gross wie die Laterne vor seiner eigenen Hütte.

Vorsichtig klopft er mit einem Finger an die Tür

« Juna, bist Du da ? Ich mach mir Sorgen um Dich. »

Jetzt wo er näher dran ist, hört er etwas. Als ob jemand stöhnt oder jammert.

« Juna, sag doch etwas ! »

Endlich eine Antwort, wenn auch nicht die, die er erwartet hat :

« Geh weg Riwal ! » und wieder das Stöhnen

Jetzt macht er die Tür auf, er hält es nicht mehr aus.

« Hörst Du schlecht ? Ich hab gesagt, Du sollst weggehen, nicht die Tür aufmachen ! »

« Tut mir leid Juna, ich kann nicht einfach weggehen, ohne sicher zu sein, dass er Dir gut geht »

« Natürlich geht es mir gut » sagt das Eichhörnchen ironisch

« Ohne meinen Bauch wäre alles in Ordnung. »

Und dann sieht er sie. Sie liegt im Bett gekrümmt und das Gesicht schmerzverzerrt. Über ihr mehrere Bettdecken und trotz einer dampfenden Wärmflasche zittert sie, als ob sie Fieber hätte.

Von Zeit zu zeit wälzt sie sich von einer Seite auf die andere und verdreht die Augen als ob sie gleich in Ohnmacht fiele.

« Was hast Du am Bauch, dass Du in einem solchen Zustand bist ? Hast Du etwas falsches gegessen ? »

« Jetzt versuche ich ihm seit 1 Monat Sachen beizubringen und mehr fällt Ihm nicht ein ?! » sagt das Eichhörnchen fast wie zu sich selber

Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen : Juna ist ein Eichhörnchen aber sie ist vor allem ein Mädchen !

Und wie ein Geistesblitz denkt er an seine Schwester. Die lag auch einmal pro Monat im Bett und er war damals immer eifersüchtig gewesen, da sie dann nicht zur Schule musste.

« Hast Du Deine Tage ? » fragt er zaghaft

« Der Kandidat hat 100 Punkte !» ruft Juna theatralisch aus

Und gleich darauf krümmt sie sich wieder vor lauter Schmerz

« Bitte geh jetzt wirklich » sagt sie ernst « ich kann Dir heute nichts beibringen und brauche Ruhe »

Die Worte empfindet er wie einen Peitschenhieb

Traurig dreht er sich um. Er hätte gedacht, sie würde ihm vertrauen, um seine Hilfe bitten.

Aber so fühlte er sich hilflos, wieso sagte sie ihm nicht, was ihr guttun würde ?

Er schleppt sich zu seiner Hütte zurück. Unruhig läuft er auf und ab. Es muss doch etwas geben, was er tun kann.

Auch wenn er noch kein richtiger Druide ist, muss ihm doch jemand beibringen können, wie man sich in einem solchen Fall verhält.

Fast hätte er wieder nach der Muttergöttin Enya gerufen, aber dann erinnert er sich daran, wie ausser sich das Eichhörnchen das letzte Mal gewesen war und lässt es sein.

Dann denkt er wieder an seine Schwester Eileen. Sie hatte auch Regelschmerzen, aber nie hatte er sie so wie Juna gesehen.

Und das lag bestimmt nicht daran, wie sich die Eule Flynn über sie lustig machte :

« Sie sieht aus wie ein Waschlappen, blass, weich und nassgeschwitzt, müsste mal wieder in die Waschmaschine ! »

Nein, jetzt fällt es ihm wieder ein : Grossmutter kochte ihr irgendein Hexengebräu, dass sie ihr den ganzen Tag über in dampfenden Tassen servierte.

Ratlos überlegt er

« Was war da wohl drin ?  Schlangenhaut, Drachenkrallen und eine Feder vom Phoenix gemischt mit Krötenschleim ? « 

Es schüttelt ihn, nein das hätte Oma nie gemacht, ganz abgesehen davon, dass sie so etwas nicht auf dem Wochenmarkt gefunden hätte.

Nein, das musste etwas anderes sein. Auf einmal dachte er an das geschnürte Bündel, dass sie ihm hinterlassen hatte.

Fiebrig rannte er zu seinem Rucksack. Auf dem Bündel stand geschrieben, er bräuchte es für seine Ausbildung zum Druiden. Also hatte er es mitgenommen, da war er sich sicher.

Er wühlte alles durch und es fiel ihm ein Büchlein in die Hände

« Albas Rezepte » stand darauf

Er schlug es auf und vor ihm stand die Überschrift

« Frauenkräutertrank- jede Frau sollte ihn zu Hause haben und mindestens einmal pro Monat trinken

Hauptbestandteil : Schafgarbe

Nebenbestandteile : Himbeerblätter, Weinrebe, Zitronenverbene, Melisse »

« Genau das ist es ! » ruft er triumphierend aus.

Er erinnert sich, dass in der Truhe viele getrocknete Kräuter in den Schubladen lagen.

Er hatte schöne Etiketten daraufgeklebt und fand jetzt schnell alles was er brauchte .

In dem Rezeptheft seiner Grossmutter steht ein ganzes Kapitel über die Schafgarbe und er nimmt sich vor, das später noch genauer zu lesen.

Er sieht nur Stichworte : Krampflösend, blutstillend, Hormon regulierend, verdauungsfördernd, Bitterstoffe, entzündungshemmend

« Ich bin keine Arzt, aber das kann Juna bestimmt nicht schaden... »

Und so rührt er alles mit Wasser in den heissen Kessel und wartet bis sich kleine Blasen auf der Oberfläche bilden.

Schnell füllt er das Ganze in eine Thermosflasche und nimmt noch eine Pipette mit.

Schon ist er wieder auf dem Weg zu Juna's Baumhaus

Auf der kleinen Leiter balanciert Riwal mit der Thermosflasche und der Pipette in einer Hand und krampft sich mit der anderen Hand an den Sprossen fest.

« Juna, ich hab Dir etwas mitgebracht »

« Riwal, ich habe keinen Hunger, kannst Du mich nicht endlich in Ruhe lassen ? »

« Nein, Juna, jetzt hörst Du auf mich ! Ich hab Omas Frauentee gemacht und der wird Dir bestimmt helfen.»

Und schon hat er die Pipette gefüllt und streckt sie Juna zu

Das Eichhörnchen gibt auf. Langsam trinkt sie aus der Pipette tröpfchenweise das Gebräu. Mitunter verzieht sie das Gesicht, aber der Trunk scheint ihr zu bekommen.

Als die Pipette leer ist, verlangt sie noch eine. Dann legt sie sich wieder hin.

Sie sieht ruhiger aus. « Danke Riwal, ich leg mich jetzt wieder hin. Ich denke, es geht jetzt wieder »

Kaum hat sie das gesagt, nicht sie ein.

Diesmal steigt er die Leiter stolz wieder herunter.

Die Thermosflasche lässt er da und die Pipette auch. Er hat einen Zettel dazugelegt « Bitte noch heute austrinken »

Ohne weitere Bestätigung weiss er, dass er das Richtige getan hat.

Wieder in seiner Hütte liest er das Rezept seiner Oma nochmal durch und erinnert sich wie Flynt immer wieder krähte « Schafgarbe im Leib tut wohl jedem Weib ! »


---- Fortsetzung folgt im nächsten Kapitel ----


P.S. Wenn Du auch so wie das Eichhörnchen leidest mach einen Termin mit mir aus, es geht auch online auf https://www.danielaherbaliste.com/book-online


© Bild von Emilien Dumoulin Chaparu


 
 
 

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Daniela Kretschmer - Heilpraktikerin- Nähe Lyon/ Frankreich - genaue Adresse: 159 route de la vallée- 69380 Chessy les Mines- Kontakt: daniela.herbaliste@gmail.com

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