Kapitel 10: Riwal und die Erdbeerkönigin Sivi
- Daniela Herbaliste

- 24. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
« ...Wieso habe ich ihr das gesagt, wie peinlich! Ich hätte mich doch in ein besseres Licht stellen müssen! Aber woher konnte ich ahnen, dass sie mich ansprechen würde... »
Riwal ist ganz außer sich, er hat es vermasselt!
Dieser Mittsommerabend und diese Feier waren etwas ganz Besonderes und man muss dem würdig sein.
Der längste Tag und die kürzeste Nacht des Jahres waren ein sehr bedeutendes keltisches Fest, das in Broceliande und bei den Druiden jedes Jahr groß gefeiert wurde.
Alle Druiden, alle junge Druiden Anwärter, die Tiere des Waldes und viele andere Gäste waren dazu eingeladen. Ein großes Feuer wurde auf einer Lichtung im Wald angezündet und in den Bäumen hingen Laternen auch wenn es in der kürzesten Nacht nie wirklich dunkel wurde.
Man hörte keltische Musik von irgendwoher, Dudelsack und Geigenspiel wechselten sich ab.
Geweiht war dieses Fest der Muttergottheit Enya und zu Ihren Ehren wurde die Erdbeerkönigin gewählt, die für ein Jahr die Aufgabe hatte, die Felder zu segnen und damit Fruchtbarkeit über Feld, Wald und Wiesen zu bringen.
Dieses Jahr fiel die Wahl der Erdbeerkönigin auf eine junge Druiden Anwärterin aus dem Vorjahr von Riwal und sie war somit ein Jahr älter als er.
In einer feierlichen Zeremonie wurde sie mit einem Kranz aus Erdbeerblättern und Feldblumen gekrönt.
Das war sehr bewegend gewesen und nie hätte Riwal gedacht, dass sie danach als Erstes zu ihm gekommen wäre.
« Hallo Riwal » hatte sie ganz lässig gesagt, als ob sie ihn schon seit Jahren kennen würde.
Vor lauter Überraschung hätte er sich fast an seinem Erdbeersekt verschluckt.
Hustend antwortet er mit erstickter Stimme: « Hallo Sivi, Glückwunsch zur Erbeerkrone. »
Nachdem er außer diesem Satz nichts hervorbringen konnte und sie wie angewurzelt angestarrt hatte, war sie weitergelaufen.
Jetzt machte er sich innerlich Vorwürfe.
« Ich hätte sie fragen können, wie es ihr geht, fragen können, wie sie die Fortbildung findet oder einfach irgendwas, um sie nicht wie blöd anzuschauen. »
Aber sie war so ehrfurchterregend gewesen, die Erdbeerkrone verlieh ihr ein schimmerndes Licht, das ihre Schönheit nur noch unterstrich.
Mittellange rote Locken, die aussahen wie viele kleine Korkenzieher. Grüne Augen und ein leicht hüpfender Gang.
Als ob sie über kleine Polster lief.
Nachdem sie ihm schon ein Jahr in der Fortbildung voraus war, wusste sie bestimmt schon viel mehr über Heilpflanzen als er.
Sie trug eine kleine silberne Sichel am Gurt ihres grünen Druidengewands schien sich ihrer Erscheinung bewusst zu sein, machte aber darüber nicht viel Aufhebens.
Deshalb hat Riwal ihre Lässigkeit so überrascht. Er, der immer wieder auf der Hut war, nichts falsch zu machen, bewunderte ihr Selbstbewusstsein.
Er muss unbedingt diesen ersten Eindruck bei ihr wieder gutmachen.
Von weitem hört er ihre melodische Stimme als sie mit der Fee Morgane plaudert.
« Ja, der See ist zurzeit zum Baden ideal... », hört er die Fee sagen
und Sivi schwärmt « ...außerdem ist das Wasser glasklar. »
Riwal schnappt sich zwei Gläser Erdbeersekt und läuft damit auf die beiden Frauen zu.
Er sagt sich, das wird vielleicht das Eis brechen.
« Die Damen, kann ich Ihnen ein Glas anbieten? »
Freudig nimmt Sivi an, aber die Fee Morgane erwidert « Ich habe so viel von Gradal al Dulra's Frühlingswein gehört, den muss ich unbedingt noch probieren. »
Somit ist Riwal wieder mit Sivi alleine und wieder von ihr beeindruckt.
Diesmal scheint sie aber nicht gewillt zu sein, sich anschweigen zu lassen.
« Und wie läuft Dein erstes Jahr Riwal? » fragt sie ihn nach einem Schluck Erdbeersekt.
Riwal hat einen Kloß im Hals, rafft sich aber endlich zu einer Antwort auf.
« Ja, gut läuft es, Juna hält mich auf Trapp und lässt nichts durchgehen. Jeden Tag eine neue Lektion und ein Glück helfen mir die Waldbewohner dabei, alles gut zu behalten. »
Zögernd fährt er fort: « ... ich glaube von der Erdbeere habe ich noch nichts gehört. »
Sivi zwinkert ihm zu: « Ja, die Erdbeere kommt erst später noch dran, aber einen Teil kann ich Dir schon erklären... »
Ihr rotes Haar schimmert im Licht des Mittsommerfeuers und Riwal muss sich konzentrieren, um ihr zuzuhören und sie nicht wieder nur anzustarren.
« Erdbeeren gehören zu den Rosengewächsen und haben somit die Eigenschaft, Gefäße zu verengen.
Das kann man sich im Falle von Verdauungsbeschwerden, Blasenentzündungen und Zahnfleischentzündungen nützlich machen.
Die Erdbeerblätter sind entwässernd und entgiftend, die Rhizome lindern Blutungen.
Die Erdbeerfrucht ist wohl das Leckerste, was es auf der Welt gibt und die angenehmste Art, Vitamine und gesunde Nahrung zu sich zu nehmen.
Erdbeeren haben eine entzündungshemmende Wirkung, die gut für das Herz ist. Sie senken das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Die darin enthaltenen Flavonoide verbessern die Durchblutung und senken somit den Blutdruck. Die Ballaststoffe und das Kalium in Erdbeeren haben ebenfalls eine positive Wirkung. Ein Hoch auf die Erdbeere! »
Riwal weiß jetzt endlich, was er sagen will, um Sivi wiederzusehen. Denn er will sie wiedersehen, das ist sicher!
« Ich kenne einen geheimen Ort in Broceliande, wo es ganz viele Erdbeeren gibt. Wenn Du möchtest, können wir uns dort treffen und danach Erdbeerkuchen backen. »
Sivi schmunzelt wieder: « Ja, das könnten wir machen, sobald ich etwas Zeit in meinem Terminplan finde. Als Erdbeerkönigin bin ich viel unterwegs. »
Damit dreht sie sich um und geht zum nächsten Gast.
Riwal meint von weitem Ravi, den indischen Händler zu erkennen.
In Gedanken verloren summt er ein Lied vor sich hin, welches er vor einer Weile gehört hatte:
- I'm in love with a fairytale -
Even though it hurts
Cause I don't care if I lose my mind -
I'm already cursed -
- Ich bin in ein Märchen verliebt -
- Auch wenn es weh tut -
- Denn es ist mir egal, ob ich den Verstand verliere -
- Ich bin bereits verloren -
© « Fairytale- Alexander Rybak »




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